GALERIE AUSSTELLUNG

Merkur 25. Juli 2012

Münchner Merkur     Ausgabe Landkreis Süd     Mittwoch, 25. Juli 2012     Nr. 170      S. 33

Ein unerhörter Sog

Selbst die chronischen „Schnellhingucker” verharren in stiller Betrachtung. An den großartig eigensinnigen Bildern in der Ayinger Galerie Aurum Magnum kommt kaum einer vorbei, ohne innezuhalten. Ein Blick in die Welt wilder Assoziationsketten.

Von Manfred Stanka

Aying – „Kunst in den Hundstagen” präsentieren Stephan Huslik und Franziskus Schmid in charmanter Koketterie, denn die ausdrucksstarken Bilder der fünf Künstler sind gut für jede Jahreszeit. Eine Kollektiverfahrung macht sich im kunstsinnigen Zirkel breit: Eine Bilderschau von einer Qualität und mit solch extremen Perspektiven veredelt, wie es sie seit langer Zeit nicht zu bestauen gab.

„Natur gesehen durch ein Temperament.” Mit diesem Zitat von Paul Cézanne ist zumindest ein Teil der ausgestellten Arbeiten des 24-jährigen Max Weber zusammengefasst. „Heimat” heißt eines seiner Landschaftsporträts in Öl, das sich zunächst auf das beharrliche Schauen auf ein Gebirgsmassiv verlegt. Eine monumentale Erhebung, thronend in der Ebene. Ein Blick vor der Haustür, der ihm zur Gewohnheit wurde und doch Wurzeln fasste in seiner Kreativität

Es ist ein „Erinnerungsort”, der zwischen Nacht und Tag zu schweben scheint. Mit den Mitteln der Phantasie fügen sich eigene Eindrücke, realistische Ansätze und etwas Beunruhigendes, Unerkennbares zu einer magischen Vision zusammen. So mischen sich Traum, Verborgenes und beunruhigende Verformungen zu Szenen, die einen unerhörten Sog entwickeln

Und doch wird Konkretes nicht außer Acht gelassen: Seien es vereinzelt in der Ferne dahinwandernde Bäume, die sich zu Wäldern verdichten oder die Naturmystik der Gesteinsmassen, die sich einem geheimen inneren Gesetz fügen. Auch andere Arbeiten variieren jene Unberechenbarkeit, denen der Mensch von Geburt an unterworfen ist. Sie zeigen Wunden des Alters und dessen zugefügte Verletzung durch Falten und Formlosigkeit der Fleischmassen.

Einen Gang weiter ist die Stimmung heiterer. Der Filmemacher John Waters hat wohl den bonbonfarbenen Kosmos des in Köln lebenden russischen Malers Valerij Pabst mitgeprägt. Er besitzt auch diesen ironischen Witz, der sich gegen Konventionen richtet. Der wunderschöne junge Knabe, der nicht weit von der Eingangstür so verführerisch in Szene gesetzt ist und von zahllosen Augenpaaren angestarrt, ja begehrt wird, ist zugleich eine geglückt Hommage an die Schwulenästhetik. Aber über das erotische Spiel der Geschlechterrollen hinaus ist er auch eine amüsante Variante dieser Jünglinge, die etwa bei Thomas Mann und beim frühbarocken Caravaggio als sündige Engel der römischen Vorstädte ihr Kunstdasein fristen

Der in München geborenen Thomas Neumann legt einen geheimnisvollen Schleier über seine Frauenporträts, die alle drei schattenhaft in einer träumerischen Anderwelt, der ihres Ichs. leben. Ein Kokon aus schwarz-grauen Schattierungen umschmeichelt sie, belässt sie in ihren ureigenen Empfindungen und schützt so ihr inneres Ich.

Einem antiken Fresko scheint die römische Jagdgöttin Diana von Julia Maier entflohen zu sein. Eine Schönheit zwischen den Zeiten. Also kein mythisches Luder, sondern ein postmodernes Frauenbild, geschützt vom Gürtel keuscher Grazie. Martina Donner setzt auf eine in 24 Einzelteile getrennte Ornamentik, die sich zu einem rätselfreudigen Gesamtkunstwerk fügt.

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